Ratgeber
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Vergrößerung der Schilddrüse Struma (lat. Drüsenschwellung)
Vergrößert sich die Schilddrüse, die im Normalzustand nach außen hin meist nicht sichtbar ist, über ein bestimmtes Maß hinaus, spricht man von einem Kropf oder einer Struma. Bei ausgeprägten Kröpfen kann die Schilddrüse sehr deutlich den vorderen Hals deformieren und im Extremfall bis zu 2000 g schwer sein.
Nichts ist so überflüssig wie ein Kropf: In ihrer normalen Größe ist die Schilddrüse nicht in der Lage, das gesamte durch die Nahrung zugeführte Jod aus dem Blut herauszufiltern, in welches es durch die Verdauung gelangt. Deshalb muss dem Körper immer mehr Jod zugeführt werden, als für die normale Produktion von Schilddrüsenhormonen erforderlich ist. Bei Jodmangel registriert die Hypophyse eine verminderte Produktion von Schilddrüsenhormonen und schüttet verstärkt TSH aus. Dies hat zur Folge, dass die Schilddrüsenzellen sowohl wachsen, als auch ihre Zahl zunimmt, wodurch mehr Jod aus dem Blut gefiltert werden kann, um den Bedarf zu decken. Dadurch gleicht die Schilddrüse den Jodmangel aus und kann ihre Funktion lange Zeit für den Betroffenen beschwerdefrei erfüllen.
Die Fähigkeit der Schilddrüsenzellen zur Verwertung von Jod ist individuell unterschiedlich. Daher variieren die Schilddrüsen der Menschen in ihrem Jodbedarf. Eine genetische Veranlagung ist wahrscheinlich der Grund, warum bei gleicher Jodversorgung nur ein gewisser Teil der Menschen einen Kropf entwickelt. Dies erklärt auch die familiäre Häufung von Strumen über Generationen in betroffenen Familien.
Eine wachsende Schilddrüse bereitet im allgemeinen keine Beschwerden, wenn sie eine bestimmte Größe noch nicht überschritten hat. Wenn die Schilddrüse größer wird, kann sich ein Kloßgefühl im Halsbereich verbunden mit Druckgefühl sowie Beschwerden beim Atmen und Schlucken entwickeln. Spätestens dann hat der Kropf Krankheitswert.
Nicht immer ist eine vergrößerte Schilddrüse von außen sichtbar. Manchmal wächst sie vornehmlich in den Brustraum hinein, wo sie Luftröhre und Speiseröhre bedrängt und Atemnot, Heiserkeit und Beschwerden beim Schlucken verursacht.
Wächst der Kropf nach außen, wird der Kragen zu eng. Solange es der Schilddrüse durch die Kropfbildung noch gelingt ausreichend Hormone herzustellen, treten keine weiteren Beschwerden auf. Schafft sie es aber trotz der Vergrößerung nicht mehr, können ein plötzliches Zurückgehen der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Schlaf- und Verdauungsstörungen auftreten, auch Konzentrationsschwäche und Antriebsarmut.
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"Kalte" und "heiße" Schilddrüsenknoten
Für die Schilddrüsenzellen bedeutet ständiger Jodmangel eine so große Belastung, dass manche nach einiger Zeit ihre Funktion einstellen. Einige Zellen gewöhnen sich an den "Dauerstress" und stellen noch wesentlich mehr Hormone her. Beide Ansammlungen von Zellen - die, die ihre Funktion aufgeben, und die, die mehr tun als sie eigentlich sollen - bezeichnet man als Knoten.
Die Ansammlungen von funktionsunfähigen Schilddrüsenzellen nennt man "kalte", d.h. inaktive Knoten, die überaktiven Zellareale werden "heiße" Knoten genannt.
Je länger ein Kropf besteht, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit der Knotenbildung. In älteren Kröpfen können sich mehrere Knoten nebeneinander finden.
Die meisten Knoten in der Schilddrüse sind gutartig. Dennoch erfordert jeder Knoten eine genaue Untersuchung. Meist handelt es sich bei den kalten Knoten um gutartige Zysten, kalkartige Ablagerungen, runde Gewebsareale, so dass eine beobachtende Haltung eingenommen werden kann. Bei den kalten Knoten kann sich in einem geringen Prozentsatz auch einmal ein Krebs entwickeln.
Heiße Knoten dagegen müssen im allgemeinen behandelt werden, da sich die überaktiven Zellen von der Steuerung der Hirnanhangdrüse unabhängig gemacht haben. Sie produzieren autonom Schilddrüsenhormone und richten sich nicht mehr nach der Steuerung durch das übergeordnete Hormon TSH. Die Folge ist eine Überproduktion von Schilddrüsenhormonen mit Zeichen einer Schilddrüsenüberfunktion.
Liegt ein solcher heißer Knoten vor, spricht man von einem autonomen Adenom oder einer unifokalen Autonomie (unifokal = es liegt nur ein Knoten vor). Oft sind jedoch über die Schilddrüse verteilt mehrere solcher Zellareale zu finden. In diesen Fällen spricht man von einer multifokalen Schilddrüsenautonomie.
Bei der disseminierten Autonomie sind die veränderten Zellgebiete engmaschig auf die gesamte Schilddrüse verteilt. Je mehr autonome Gebiete es in der Schilddrüse gibt und je aktiver diese sind, desto mehr Schilddrüsenhormone werden unkontrolliert durch die Hypophyse produziert.
Dies hat zur Folge, dass der Hirnanhangdrüse signalisiert wird, die Hormonproduktion zu drosseln, da ausreichend T3 und T4 im Blut vorhanden sind. Es wird weniger TSH ausgeschüttet, und die gesunden noch steuerbaren Schilddrüsenzellen stellen kaum noch Hormone her.
Wenn der betroffene Patient plötzlich einer höhergradigen Jodmenge ausgesetzt ist, geraten die autonomen Gebiete in der Schilddrüse außer Kontrolle. Sie produzieren so viel Hormone, dass es zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommt. Typische Symptome sind starkes Schwitzen, Nervosität, erhöhter Blutdruck, Abnahme des Körpergewichts, Schlafstörungen, beschleunigter Herzschlag. Oft treten nur einzelne Symptome auf, so dass man nicht gleich an eine Schilddrüsenüberfunktion denkt. Auch kommt es vor, dass die Menge der ausgeschütteten Hormone schwankt. Dies macht es oft schwer, eine Schilddrüsenautonomie zu entdecken.
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Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse
Morbus Basedow
Eine weitere Form der Schilddrüsenüberfunktion ist die sogenannte Basedow'sche Krankheit. Es handelt sich um eine Autoimmunkrankheit. Aus unbekannten Gründen wenden sich Teile der körpereigenen Krankheitsabwehr, des Immunsystems, gegen das eigene Gewebe, in diesem Fall die Schilddrüse. Man geht davon aus, dass diese Erkrankung genetisch bedingt ist, da in Familien, in denen bereits Fälle von Morbus Basedow aufgetreten sind, das Erkrankungsrisiko wesentlich größer ist.
Beim Morbus Basedow wird, wie bei der Autonomie der Schilddrüse, der Regelmechanismus, der die Produktion der Schilddrüsenhormone kontrolliert, ebenfalls gestört. Das übergeordnete Hormon TSH, das von der Hirnanhangdrüse gebildet wird, setzt sich in den Schilddrüsenzellen an gewisse Rezeptoren.
Bei der Basedow'schen Krankheit besetzen die Autoantikörper die Rezeptoren der Schilddrüsenzellen, die eigentlich für das Steuerhormon TSH reserviert sind. Wie das TSH, passen die Autoantikörper genau auf die Rezeptoren - wie der Schlüssel ins Schloß - und regen so die Produktion der Schilddrüsenhormone unkontrolliert an.
Die Folge ist ein erhöhter Ausstoß von T3 und T4, ohne dass TSH noch regulierend eingreifen kann.
Der Organismus läuft unter den hohen Schilddrüsenhormonkonzentrationen im Blut auf Hochtouren. Die Betroffenen haben großen Hunger, teilweise Heißhunger. Die Zellen verbrennen die Nährstoffe jedoch so schnell, dass Basedow-Kranke rasch abnehmen. Aufgrund der Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen ist es den Betroffenen ständig zu heiß. Sie haben auch bei Minusgraden noch Schweißausbrüche.
Da der Organismus dauernd auf Hochtouren läuft, fällt es den Betroffenen schwer, ein- und durchzuschlafen. Besonders unangenehm ist es, dass sie ständig "unter Strom" zu stehen scheinen, nervös und reizbar sind. Die Mitmenschen empfinden bisweilen das Verhalten der Kranken zu Recht als aggressiv.
Morbus Basedow-Kranke klagen besonders häufig über einen stark beschleunigten Puls, erhöhten Blutdruck sowie über Nervosität und Reizbarkeit.
Bei Basedow-Kranken kann, muss aber die Schilddrüse nicht vergrößert sein. Die Schilddrüse zeigt im Ultraschallbild eine typisch aufgelockerte Struktur, im Szintigramm eine erhöhte Aufnahme des radioaktiven Indikators. Beides sind Zeichen einer hoch aktiven Hormondrüse.
Ein weiteres auffälliges und spezifisches Kennzeichen für Basedow-Kranke kann das Hervortreten der Augen aus ihren Höhlen sein. Ursache ist eine durch die Autoimmunkrankheit hervorgerufene Schwellung vor allem der äußeren Muskeln, die die Augen bewegen. Dadurch werden die Augäpfel aus der Augenhöhle herausgedrückt. Meist sind die Bindehäute der Augen durch eine Entzündung gereizt und gerötet. Oft tränen die Augen verstärkt, die Augenlider schwellen an. Nur selten kommt es zu Sehstörungen.
Die genauen Ursachen für die Basedow’sche Krankheit sind nicht bekannt. Nikotin scheint den Ausbruch der Erkrankung zu begünstigen und die krankhaften Veränderungen im Augenbereich zu verstärken.
Eine bedeutende Rolle scheinen Stress und seelische Krisen für den Ausbruch der Krankheit zu spielen. Stress kann das körpereigene Abwehrsystem schwächen.
Das kann einer der Gründe sein, warum Krisensituationen die Krankheit auslösen können. Die Psyche spielt beim Morbus Basedow eine große Rolle: Basedow-Kranke scheinen durch die Schilddrüsenhormone in ihrer seelischen Verfassung oft stärker gestört zu sein, als die Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion anderer Ursache. Schwerwiegende Niedergeschlagenheit (Depression) ist nicht selten.
Hashimoto-Thyreoiditis
Eine weitere Autoimmunkrankheit der Schilddrüse ist die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis, eine Schilddrüsenentzündung, die nach ihrem Entdecker, einem japanischen Arzt, benannt wurde. Diese Krankheit tritt häufiger auf als früher angenommen wurde. Warum es zu dieser Form der Schilddrüsenentzündung kommt, ist bislang noch nicht geklärt. Auch hier scheinen die Gene eine Rolle zu spielen, da die Krankheit innerhalb blutsverwandter Familienangehöriger gehäuft auftritt. Frauen erkranken wesentlich häufiger als Männer.
Während sich bei der Basedow'schen Krankheit die Antikörper "nur" gegen Schaltzellen in der Schilddrüse richten, wird bei der Hashimoto-Thyreoididtis das gesamte Hormon-produzierende Gewebe angegriffen.
Die Hashimoto-Thyreoiditis tarnt sich lange Zeit. Vor allem im Anfangsstadium bemerken die Betroffenen normalerweise nichts von der chronischen Schilddrüsenentzündung. Ganz selten tritt die Hashimoto-Thyreoiditis durch ein leichtes Druckgefühl im Halsbereich in Erscheinung.
Erst wenn bereits größere Teile des Schilddrüsengewebes zerstört wurden, zeigen sich die ersten auffälligen Beschwerden. Über kurz oder lang stellt sich eine Schilddrüsenunterfunktion ein, da die funktionstüchtigen Schilddrüsenzellen schließlich nicht mehr in der Lage sind, noch genügend Hormone T3 und T4 zu produzieren und die Versorgung der Körperzellen sicherzustellen.
Der Organismus reagiert mit einer Verlangsamung des Stoffwechsels, durch den sich ganz allmählich Beschwerden einstellen, die häufig zunächst auf andere Ursachen zurückgeführt werden. Es kommt zu Müdigkeit, Antriebsschwäche, Leistungsminderung. Die Bewegungen der Betroffenen verlangsamen sich. Alle körperlichen Anstrengungen erfordern viel Energie. Der Herzschlag wird langsamer. An allen möglichen Stellen des Körpers kommt es zu Wassereinlagerungen, die besonders im Gesicht auffällig werden.
Der verlangsamte Stoffwechsel führt dazu, dass die Betroffenen zunehmen, obwohl sie nicht mehr essen. Die Nahrung wird einfach langsamer verbrannt. Auch Haut und Haare sind betroffen. Die Haare glänzen nicht mehr, die Haut wird trocken, die Fingernägel werden brüchig. Es kann außerdem zu Unregelmäßigkeiten bei der Regelblutung und zu Unfruchtbarkeit kommen. Männer können unter Impotenz leiden und ihre Zeugungskraft verlieren.
Die Verlangsamung des Stoffwechsels führt nicht nur zu Antriebsschwäche, Leistungsminderung und Gleichgültigkeit, sie kann auch depressive Verstimmungen hervorrufen. Da die Kontakte zu anderen Menschen ab einem bestimmten Zeitpunkt als zu anstrengend empfunden werden, kapseln sich die Betroffenen oft von der Umwelt ab.
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Häufigkeit der verschiedenen Schilddrüsenkrankheiten
Der Kropf ist die mit Abstand häufigste Schilddrüsenkrankheit. Etwa die Hälfte der Bevölkerung leidet in Deutschland unter Jodmangel. Eine jüngere Untersuchung an Schulkindern ergab den erschreckend hohen Prozentsatz von 50% aller deutschen 13-Jährigen, bei denen eine vergrößerte Schilddrüse festgestellt wurde.
In der Schwangerschaft und in der Stillzeit kommt es ebenfalls zu einer Vergrößerung der Schilddrüse.
An zweiter Stelle stehen die erworbenen Unterfunktionen der Schilddrüse bei 10% der Bevölkerung, die infolge einer Hashimoto-Thyreoiditis vor allem in höherem Lebensalter auftreten. Hier sind Frauen fünfmal so häufig betroffen wie Männer.
Eine Schilddrüsenüberfunktion haben 6% der Bevölkerung. Wieder ist das Verhältnis Frauen zu Männern 5:1.
Bösartige Tumoren der Schilddrüse gibt es bei ca. 25 pro eine Million Einwohner. Sie treten bevorzugt zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf und treffen Frauen dreimal häufiger als Männer.
Schilddrüsenkrankheiten haben - das wird an den Zahlen deutlich - eine ausgesprochene Vorliebe für das weibliche Geschlecht. Dies ist vor allem auf die häufigeren Phasen einer hormonellen Umstellung zurückzuführen, die Frauen in ihrem Leben während der Pubertät, Schwangerschaft, der Stillzeit und dem Klimakterium durchmachen. Das gesamte Hormonsystem gerät dabei etwas durcheinander und häufig ist eben die Schilddrüse dadurch auch betroffen.
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Jodmangel
Deutschland zählt zu den jodärmsten Ländern in Europa. Die Jodvorräte des Bodens und des Gesteins wurden während der letzten Eiszeit in die Meere gespült. Deshalb fehlt Jod in Trinkwasser und Nahrung. Eine Ausnahme stellen Meeresfische, -früchte und -pflanzen dar. In anderen europäischen Ländern mit ausgeprägtem Jodmangel in der Nahrung wird jodiertes Speisesalz nicht nur in Haushalten, sondern auch bei der Herstellung von Nahrungsmitteln wie Brot, Käse und Wurst verwendet. In Deutschland wird zwar inzwischen in den meisten Haushalten auch jodiertes Salz benutzt, bei der Nahrungsmittelherstellung aber gibt es erhebliche Defizite. Die vorsorgliche Einnahme von rezeptfreien Jodidtabletten (nur in Apotheken erhältlich) verhindert daher sicher das Auftreten eines Kropfes. Jodidtabletten werden deshalb vor allem für Kinder und Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit und den Wechseljahren, sowie Personen aus "Kropf-Familien" empfohlen.